Einleitende Bemerkung
Die Geburt eines Kindes, sei es eine vaginale Geburt oder ein Kaiserschnitt, ist ein einschneidendes Erlebnis im Leben einer Frau. Als Geburtshelfer ist es mir ein grosses Anliegen, dass sich eine Frau mit guten Gefühlen an die Geburt erinnern kann. In den Medien wird immer wieder über «Gewalt im Gebärsaal» berichtet. Das ist ein Problem, welches ich bisher nie erlebt habe. Die Selbstbestimmung der Frau und die Gestaltung der Geburt nach eigenen Wünschen sind mir wichtig. Es führen bekanntlich viele Wege nach Rom, die geburtshilfliche Strasse ist breit – als Geburtshelfer achte jedoch, dass die Strassse nicht verlassen wird.
Erste Zeichen
Ab der 36.Schwangerschaftswoche (SSW) beginnt sich die Gebärmutter zu senken, als Zeichen, dass der kindliche Kopf in das kleine Becken eintritt. Die Schwangere verspürt meistens vermehrt Kontraktionen (Senkwehen). Kurz vor der Geburt oder mit dem Wehenbeginn kommt es häufig zum Abgang des leicht blutigen Schleimpropfens. Das Herauslösen des Schleimpropfens zeigt an, dass sich der Muttermund zu öffnen beginnt.
Es geht los!
Die Geburt kann auf zwei Arten beginnen: entweder treten mehr oder weniger regelmässige Wehen auf oder die Fruchtblase reisst ein und die Frau bemerkt den Abgang von Flüssigkeit aus der Scheide (schwallartig oder auch nur tröpfchenweise). Bei regelmässiger Wehentätigkeit (alle 5 Min / Sprechen oder Gehen während der Wehe nicht mehr möglich) oder bei Fruchtwasserabgang soll mit der Hebamme Kontakt aufgenommen werden.
Nachstehend die Telefon-Nummer der Gebärabteilungen in denen ich Geburten leite:
Privatklinik Bethanien | 043 – 268 72 72 |
Privatklinik Hirslanden | 044 – 387 35 61 |
Privatklinik im Park | 044 – 209 22 42 |
Spital Zollikerberg | 044 – 397 26 41 oder 044 – 397 27 72 |
Die Eröffnungsphase
Durch den zunehmenden Druck des kindlichen Kopfes auf den Muttermund kommt es zum Verstreichen und schliesslich zur Eröffnung des Muttermundes. Diese Phase dauert unterschiedlich lang, v.a. auch bis regelmässige Wehen eintreten. Spazieren oder Entspannung im Wasserbad helfen dabei, die Wehentätigkeit anzuregen.
Die Wehen nehmen an Intensität zu und werden schmerzhafter. In dieser Phase ist es besonders wichtig, mittels richtiger Atemtechnik, durch geeignete Position oder durch ein Entspannungsbad einer möglichen Verspannung entgegen zu wirken. Die Hebamme wird bemüht sein, auf die persönlichen Wünsche der Gebärenden einzugehen und die angenehmste Gebärhaltung ausfindig zu machen. Falls nötig, können verschiedene Schmerzmittel oder eine Peridural-Anästhesie (PDA) eingesetzt werden. Wer möchte und sich wohl fühlt, hat die Möglichkeit die Geburt im Wasserbad zu beenden.
Die Geburt
Der kindliche Kopf drückt nun auf den Beckenboden und die Gebärende bemerkt jetzt einen Pressdrang. Jetzt beginnt die aktive Phase mit Pressen. Dies kann in Rücken- oder Seitenlage erfolgen, in der Hocke oder im Vierfüsslerstand. Die Lage ist sehr individuell, kann unter der Geburt wechseln und wird mit der Hebamme besprochen.
Der kindliche Kopf schneidet nun durch den Damm und wird geboren. In der Regel erfolgt heute kein Dammschnitt mehr. Dabei kann es zu einem Dammriss kommen, welcher aber problemlos genäht werden kann und rasch verheilt.
Nachgeburt
Nach Geburt löst sich die Plazenta. Dazu wird eine Kurzinfusion mit einem Wehenmittel gegeben, damit sich die Plazenta besser löst und weniger Blutverlust entsteht. Dieser Vorgang erfolgt meistens innert wenigen Minuten, selten über 30 Min. Sollte sich die Plazenta nicht lösen, weil sie zu stark anhaftet, muss sie von Hand abgelöst werden.
Spezialfälle: Saugglocke oder Zange
In seltenen Fällen muss die Geburt wegen absinkender kindlicher Herzaktion rasch beendet werden. Dazu wird heute vorwiegend eine Saugglocke verwendet. Persönlich verwende ich ausschliesslich das schonende Kiwi-Vakuum und keine Metallglocke mehr. In sehr seltenen Fällen bin ich auch in der Lage, eine Zange einzusetzen. Da ich diese Technik eingehend erlernt habe, kann ich eine Geburtszange auch entsprechend schonen einsetzen.
Das Wochenbett
In der Schweiz bleiben die meisten Mütter für 4 bis 5 Tage im Spital, um sich von der Geburt zu erholen und die Mutter-Kind-Beziehung in Ruhe aufzubauen. Unter Anweisung von erfahrenen Kinderkrankenschwestern oder Hebammen lernt die Mutter die Handhabung des Stillens. Zu Beginn fliesst erst Vormilch, nach einigen Tagen folgt auf die Hormonumstellung der Milcheinschuss. Es braucht meist etwas Geduld, bis sich die Milchproduktion den Bedürfnissen des Kindes angepasst hat.
Bei einer ambulanten Geburt verlässt die Mutter das Spital nach einigen Stunden, falls sich die Nachblutung im normalen Rahmen bewegt. Für die Nachbetreuung zu Hause muss vorgängig mit einer frei schaffenden Hebamme Kontakt aufgenommen werden.
Die Rückbildung
Die Rückbildungsphase dauert in der Regel 6 Wochen. In dieser Zeit bildet sich die Gebärmutter wieder auf ihre ursprüngliche Grösse zurück. Die Blutungen werden immer schwächer und Wechseln ihre Farbe von bräunlich nach gelblich. In dieser Phase ist es wichtig, einige hygienische Regeln zu beachten, um eine Entzündung der Gebärmutter zu verhindern (sog. Wochenbettsfieber). Wir empfehlen Binden zu verwenden und auf Tampons zu verzichten. Das Baden in der eigenen Badewanne ist erlaubt, in den ersten 4-6 Wochen empfiehlt es sich auf Schwimmbadbesuche zu verzichten. Während dieser Zeit raten wir mit Geschlechtsverkehr zurückhaltend zu sein, wobei der Austausch von Zärtlichkeiten nicht verboten ist.
Geburtsnachkontrolle
Die Abschlusskontrolle findet in der Regel 6 bis 8 Wochen nach der Geburt statt. Nebst Überprüfung von Gebärmutter und Weichteilen kann ein Krebsabstrich entnommen werden. Zudem wird die weitere Familienplanung diskutiert. Da Stillen alleine ungenügend gegen eine weitere Schwangerschaft schützt, sollte die Verhütung besprochen werden. Nebst mechanisch-chemischer Verhütung (Condome, Schaumzäpfchen), kann in der Stillperiode auch mit einer Minipille (enthält nur Gelbkörperhormone oder Gestagene) oder mit einer Spirale verhütet werden. Die normale Antibabypille enthält Oestrogene und kann die Milchproduktion negativ beeinflussen, weshalb davon angeraten wird.
Sexualität
Ein Kind verändert die Paarbeziehung und beeinflusst deshalb auch die Sexualität.
Solange das Kind gestillt wird, ist das Milchhormon (Prolaktin) stark erhöht. Die hohen Prolaktin Spiegel führen dazu, dass die Hormonproduktion in den Eierstöcken unterdrückt wird. Aus Sicht der Natur durchaus sinnvoll, damit die stillende Mutter nicht gleicht wieder schwanger wird. Der Mangel an Östrogen beeinflusst jedoch die Libido und führt in den ersten Monaten nach der Geburt auch zu einer trockenen Scheide. Deshalb kann der Geschlechtsverkehr als schmerzhaft empfunden werden. Durch die lokale Anwendung einer schwachen Östrogen Creme lassen sich die Beschwerden rasch beheben.
Schaffen Sie Raum für ihre Paarbeziehung. Grossmütter und Tanten sind gerne bereit das Kind zu hüten. Bereits ein freier Abend oder ein verlängertes Wochenende helfen, die Beziehung wieder zu beleben.